Geschichte & Informationen
Erziehung
Von Menschen und Methoden
Hundeerziehung — der „Goldene Weg“?
Wenn man sich ein wenig umschaut, stellt man fest, dass es [sehr viele verschiedene Methoden und Konzepte](https://dackelblog.ch/der-buecherdschungel/) gibt, wie man seinen Hund richtig erziehen bzw. mit ihm umgehen sollte, und manche dieser Konzepte widersprechen sich auch noch. In diesem Dschungel den Überblick zu behalten, ist alles andere als einfach. Das Gute daran ist, dass es einfach ist, sich nach einer Alternative umzuschauen, wenn man merkt, dass die Methode, die man gewählt hat, nicht die gewünschten Ergebnisse bringt. Aber manchen Menschen scheint das unglaublich schwerzufallen. Warum eigentlich? Ich kenne Hundehalter, die aus irgendwelchen Gründen einen Hundetrainer aufgesucht haben. Ihr Hund machte über Monate hinweg keine Fortschritte, in einem Fall entwickelte der Hund sogar aggressives Verhalten. Der Gedanke, dass das an den seltsamen Trainingsmethoden liegen könnte, kam den Besitzern allerdings nicht. Als Begründung musste eine medizinische Ursache herhalten. (Die Frage, ob diese Krankheit allenfalls stressbedingt entstanden sein könnte, wurde nicht gestellt.) Der Hundehalter ging auch mit dem neuen Hund wieder zu demselben Trainer.
Warum halten Menschen über so lange Zeiträume, teilweise jahrelang, an demselben Hundetrainer oder derselben Methode fest, auch wenn sich das Verhalten ihres Hundes nicht verbessert und sich teilweise sogar verschlechtert? Ist es die Unfähigkeit, sich den Fehler einzugestehen, dass man sich für den falschen Trainer entschieden hat? Oder geht es darum, um jeden Preis die Erkenntnis zu vermeiden, dass man ziemlich viel Geld in den Sand gesetzt und für unnütze Trainingsstunden ausgegeben hat? Gibt es vielleicht sogar Hundetrainer, die es Sektengurus gleich verstehen, ihre Kunden hörig und von sich selbst abhängig zu machen?
Meine Tipps:
- Wenn Sie über längere Zeit eine bestimmte Methode ausprobieren und Sie im Verhalten Ihres Hundes keine Verbesserung erreichen können, dann haben Sie offensichtlich die falsche Methode gewählt bzw. Ihr Vertrauen dem falschen Hundetrainer geschenkt. Wenn etwas nicht funktioniert, warum fahren Sie dann weiter auf dieser Schiene? Warum probieren Sie nicht etwas anderes?
- Vertrauen Sie keinem Hundetrainer, der vorgibt, dass alle anderen es falsch machen bzw. er / sie selbst bahnbrechende neue Erkenntnisse gewonnen hat, die das einzige sind, was zum Ziel führt. Hunde sind seit mehreren zehntausend Jahren vom Menschen domestiziert und leben mit ihm zusammen. Und alle Hundehalter der letzten 30´000 Jahre waren blöd und haben alles falsch gemacht, bis der Messias Hundetrainer erschienen ist, um endlich alle Fehler zu korrigieren und als erster und einziger alles richtig zu machen?
- Wenn Sie kein psychisch schwer gestörter Mensch sind: Vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl! Lassen Sie sich nicht einreden, dass Sie bislang alles falsch gemacht haben und Ihr Verhalten komplett umstellen müssen! Niemand macht alles falsch, auch Sie nicht. Vielleicht gibt es tatsächlich etwas, das Sie ändern müssen im Umgang mit Ihrem Hund, aber sehr wahrscheinlich haben Sie vieles intuitiv richtig gemacht. Vertrauen Sie keiner Methode, die Ihrem Bauchgefühl und Ihren Überzeugungen zuwiderläuft!Wenn Sie bislang Ihren Hund bei jedem noch so kleinen Fehlverhalten windelweich geprügelt haben, weil Ihr Bauchgefühl es Ihnen so gesagt hat, dann laufen Sie für mich unter psychisch schwer gestört, und Sie sollten sich dazu entscheiden, Ihrem Hund zuliebe auf die Hundehaltung zu verzichten.
Wenn ich das vorher gewusst hätte…!
Wenn man die Rasseeigenschaften der Dackel unterschätzt
Immer wieder kommt es vor, dass Leute mich auf der Strasse auf meinen Dackel ansprechen und einfach Freude an ihm haben. Neulich bin ich mit einer Frau ins Gespräch gekommen, die mir erzählte, dass ihre Kollegin seit einiger Zeit auch einen Dackel hätte. «Aber der ist so stur! Wenn sie das vorher gewusst hätte, dann hätte sie sich das wohl anders überlegt!»
Ich war perplex. Egal wo man liest, [ob im Internet oder in Dackelbüchern](https://dackelblog.ch/was-buecher-ueber-dackel-verschweigen/), wird immer ausdrücklich erwähnt, dass Dackel ihren eigenen Kopf haben. Es ist das herausragende Merkmal des Dackels, sein eigenes Ding zu machen! Und dann kommt der Spruch «Wenn ich das vorher gewusst hätte…» Kaufen sich die Leute einen Hund nach dem Aussehen, ohne sich Gedanken zu machen, welche Eigenschaften die Rasse mitbringt? Oder haben sie sich informiert, die Tragweite aber völlig falsch eingeschätzt? Vermutlich gibt es beides, und die Wahrheit liegt in der Mitte. Ich habe es mehr als einmal gehört, dass ein Dackelhalter einen Stossseufzer tat: Der ist so stur! Und natürlich sind auch Dackel Individuen, bei denen die Eigenständigkeit unterschiedlich ausgeprägt ist.
Die ursprüngliche Aufgabe
Dackel wurden ursprünglich für die Baujagd gezüchtet. Mit ihren kurzen Beinen waren sie perfekt dafür geeignet, in Fuchs- und Dachsbauten einzudringen und deren Bewohner herauszutreiben. Wenn sie unter der Erde sind, sind sie von ihrem Menschen abgeschnitten, und ihr Meister kann ihnen keine Anweisungen mehr geben. Dackel mussten ihre Entscheidungen daher selbstständig treffen, und von ihrer Entscheidung konnte ihr Leben abhängen. Die Eigenschaft, eigenständige Entscheidungen zu treffen und vom Menschen unabhängig zu agieren, ist also das herausragende Merkmal des Dackels und wurde gezielt herangezüchtet! Sie ist immer vorhanden und lässt sich nicht nach Belieben des Menschen an- und abschalten.
Für Sie als Dackelhalter bedeutet das, dass Sie einen Hund haben, der Sie regelmässig ignoriert. Und ganz ehrlich: Wenn Sie direkt vor sich ein leckeres Stück Torte liegen haben und 10 m weiter schreit Ihr Lieblingsmensch: «Nein, aus, pfui!», was machen Sie dann? Richtig, Sie lassen sich die Torte genüsslich schmecken. Und genau das macht Ihr Dackel auch! Ob es nun Torte ist oder die Nachbarschaft erkunden oder ein Polizeiauto jagen oder…
Dackel können gehorchen
Wenn Sie möchten, dass Ihr Dackel Ihnen folgt, dann müssen Sie ihn davon überzeugen, dass es für ihn gut ist und dass er Ihrem Urteil vertrauen kann. Und das braucht Zeit. Ein junger Dackel (so wie jeder andere junge Hund) wird sich von allem, was er interessant findet, ablenken lassen. Und Hand auf’s Herz: Nachbars Kaninchen jagen ist nun wirklich viel lustiger, als neben dem Menschen bei Fuss zu laufen, nicht wahr? Es braucht viel Zeit und Arbeit, einen guten Bindungsaufbau und jede Menge Nerven, bis der Dackel so weit ist, dass er sich auch bei Ablenkungen von Ihnen abrufen lässt.
Das lässt sich aber nur im richtigen Leben trainieren, nicht auf dem Hundeplatz. Wenn Ihr Dackel an der Leine ist, kann er nicht abgerufen werden, denn er ist ja bereits da! Das bedeutet für Sie, dass Sie bei der Erziehung Ihres Dackels in Kauf nehmen müssen, von ihm in peinliche oder sogar unangenehme Situationen gebracht zu werden. Wenn Sie dem Dackel Freilauf gewähren, dann besteht halt die Möglichkeit, dass er sich dafür entscheidet, Sie zu ignorieren, wenn Sie ihn abrufen. Wenn er Sie denn überhaupt noch wahrnimmt, wenn direkt vor ihm eine Katze über den Weg sprintet. Natürlich liegt es in Ihrer Verantwortung, sich umzuschauen und die Situation zu erfassen, in der Sie Ihren Dackel von der Leine lassen. Aber nobody’s perfect, und es kann und wird auch Ihnen passieren, dass irgendetwas Unvorhergesehenes passiert und Ihr Dackel freudestrahlend davonschiesst.
Sind Sie reif für einen Dackel?
Und fröhlich mit seinen schlammigen Pfoten an der eleganten Dame mit der weissen Hose hochspringt.
Er fröhlich kläffend im Garten des Nachbarn um den Apfelbaum saust, auf dem die Katze bei bester Gesundheit beleidigt hockt, und Sie sich, agiler als damals in jungen Jahren, mit hochrotem Kopf über den Zaun katapultieren und mit einem Hechtsprung Ihren Dackel plätten, um ihn davor zu bewahren, von den erzürnten Nachbarn mit einem Besen erschlagen zu werden.
Er mit leuchtenden Augen durch die Ostereier-Ausstellung flitzt und Sie vor Ihrem geistigen Auge bereits viele bemalte Hühnereier zerdeppert am Boden liegen sehen.
Wenn Sie am liebsten laut rufen möchten: «Ruf mal einer das Tierheim an, da ist ein herrenloser Dackel!»
Wenn Sie sich ausmalen, wie gut doch ein Dackelfellkragen zu Ihrer Winterjacke passen würde.
Wenn Sie «Chili con cane» für Ihren Foodblog kreieren.
Wenn Sie die Willenskraft haben, solche Situationen in Kauf zu nehmen und Ihren Fantasien keine Taten folgen zu lassen, dann – und nur dann – sind Sie reif für einen Dackel!